Wochenbericht 05. Januar-11. Januar 2018

Zeitweise sehr grosse Lawinengefahr im südlichen Oberwallis

Im Norden beruhigte sich die Situation nach den grossen Schneefällen zunehmend, aber gleichzeitig setzte im südlichen Wallis intensiver Schneefall ein, was dort zu sehr grosser Lawinenaktivität führte. Für die Vispertäler und das Simplongebiet wurde am Dienstag, 09.01. sehr grosse Lawinengefahr (Stufe 5) prognostiziert. Die höchste Gefahrenstufe wurde die letzte 9 Jahren nie verwendet.

Bild 1 von 17
Lawinen im Frauentobel oberhalb von Frauenkirch bei Davos, GR. Die Lawine wurde mit dem Sprengmast künstlich ausgelöst, sowohl während des Schneefalles am 04.01. (ohne Sicht und damit auch ohne Erfolgskontrolle) als auch am 05.01. um 7.15 Uhr (Foto: SLF/F. Techel, 05.01.2018).
Bild 2 von 17
Magische Mittagstimmung südlich des Piz Uccello (2724 m, San Bernadino, GR). Die Bewölkung kündigte die bevorstehende Südstaulage an (Foto: G. Kappenberger, 05.01.2018).
Bild 3 von 17
„Allee aus Schnee?“ Dank grossem Einsatz der Schneeräumung war die Strasse nach Samnaun wieder befahrbar (1500 m, Spissermühle, GR) (Foto: P. Caviezel, 05.01.2018).
Bild 4 von 17
Gesprengte Schneebrettlawinen an den Westhängen des Foggenhorns (ca. 2450 m, Belalp, VS). Die Lawinen kamen bis in den Talboden, erreichten aber nicht die Strasse nach Belalp. Im Hintergrund thront die Mischabelgruppe (Foto: P. Schwitter, 05.01.2018).
Bild 5 von 17
Der Raureif am Gipfelkreuz verleiht dem Säntis (2502 m, Alpstein) ein eisiges Bild. Raureif ist eine Niederschlagsform die sich bei Frost, Nebel und Wind entgegen der Windrichtung aufbaut (Foto: D. Bommeli, 06.01.2018).
Bild 6 von 17
Tiefer Gleitschneeanriss am Osthang an der Bel Oiseau (ca.2200 m, Finhaut, VS). Diese „Fischmäuler“ können sich zu Gleitschneelawinen entwickeln (Foto: J.-L. Lugon, 06.01.2018).
Bild 7 von 17
Eindrückliche Spuren des Regens in Ovronnaz (VS) auf einer Höhe von ca. 2000 m. Die Regenrillen entstanden durch das Eindringen des Wassers in die Schneedecke und bescherten der Tourengruppe eine interessante Schneeoberfläche (Foto: M. Derivaz, 06.01.2018).
Bild 8 von 17
Spontane grosse Schneebrettlawinen am Südosthang des Platthorns (Zermatt, VS). Nordwestlich sieht man das Mettelhorn (3405 m), die dortigen Abgänge sind Sprengerfolge des lokalen Lawinendienstes (Foto: H. Lauber, 06.01.2018).
Bild 9 von 17
Eindrückliche Stimmung und schöne Weitsicht vom Weissenstein (1284m, Oberdorf, SO) bis zum Berner Oberland. Über dem Seeland hält sich noch ein Hochnebelmeer (Foto: V. Berret, 06.01.2018).
Bild 10 von 17
Grosse Lawine unterhalb der Tête du Sarshlau (2655 m, Bagnes, VS), die in einer Höhe zwischen 2200 und 2400 m angebrochen war (Foto: C. Fellay, 08.01.2018).
Bild 11 von 17
Abgang einer grossen Lawinen im Bereich nördlich des Schutzbachs zwischen Saas Grund und Saas-Balen (VS) am Montagmorgen, 08.01.2018. Die Niederschlagsintensität war zu dieser Zeit im Anstieg und erreichte in der Nacht auf Dienstag ihren Höhepunkt (Foto: G. Voide).
Bild 12 von 17
Diese grosse Lawine im Lötschental (Wiler, VS) erreichte den Talboden und ereignete sich nach den starken Schneefällen von Montag auf Dienstag, 09.01.2018 (Foto: P. Henzen).
Bild 13 von 17
Föhnmauer über dem Panixerpass (GL) bei abflauender Südstaulage. Man erkennt immer noch die Föhnböen, die über den Kamm wehen (Foto: A. Schmidt, 10.01.2018).
Bild 14 von 17
Die ergiebigen Neuschneemengen im Wallis zeigen sich hier eindrücklich am eingeschneiten Dorf Stafel (2140 m, VS) (Foto: B. Jelk, 10.01.2018).
Bild 15 von 17
Eindrückliche Windzeichen am Simplonpass. Die Windrichtung war in diesem Fall von links nach rechts und hat den Schnee auf der Lee-Seite des Hauses akkumuliert (Foto: S. Lugon-Moulin, 10.01.2018).
Bild 16 von 17
Sehr grosse Schneebrettlawine vom 09.01.2018 am Nesthorn (3821m), die Anrisskante liegt auf einer Höhe von ca. 3000 m auf dem Gredetschgletscher (Foto: P. Schwitter, 11.09.2018).
Bild 17 von 17
… die Lawinenbahn reicht bis weit ins Gredetschtal und erreicht eine Länge von ca. 4 km (Foto: P. Schwitter, 11.09.2018).

Wetter, Schnee und Lawinensituation

Freitag, 05.01.: Ende der Niederschläge im Westen und Norden

In der Nacht auf Freitag endete der seit Neujahr andauernde Grossschneefall im Westen und Norden. Gesamthaft fielen seit dem Jahreswechsel oberhalb von rund 2200 m folgende Schneemengen (vgl. Abbildung 1):

  • Wallis, nördlicher Alpenkamm vom Chablais bis in die Glarner Alpen, Gotthardgebiet: verbreitet 80 bis 120 cm, im Wallis lokal bis 150 cm
  • übrige Gebiete: verbreitet 50 bis 80 cm, im mittleren Tessin und vom Avers übers Bergell bis ins Puschlav 30 bis 50 cm, ganz im Süden wenige Zentimeter

Diese grossen Schneemengen verbunden mit der zum Niederschlagsende bis auf 2000 m ansteigenden Schneefallgrenze führten zu einer kritischen Lawinensituation am Donnerstag (siehe letzter Wochenbericht) und auch noch am Freitag, wobei im Wallis, am nördlichen Alpenkamm und in den meisten Gebieten Graubündens grosse Lawinengefahr herrschte (Gefahrenkarte 05.01.).

Die hohe Lawinenaktivität (vgl. Abbildung 2) bestätigte die grosse Lawinengefahr in den betreffenden Gebieten weitestgehend. Insbesondere im Wallis, in Mittelbünden und im Unterengadin gingen viele grosse Lawinen nieder. In diesen Gebieten war die Kombination der Überlast vom Neuschnee bzw. vom Regen und von der schwachen Altschneedecke am ungünstigsten. Am Alpennordhang war die Altschneedecke bereits so gut verfestigt, dass deutlich weniger grosse Lawinen nieder gingen. Dort wurden vor allem Nassschnee und Gleitschneelawinen beobachtet.

Bild 1 von 2
Abb. 2: Von den SLF-Beobachtern gemeldete Lawinen am Donnerstag, 04.01. Die grösste Aktivität war im Wallis, in Mittelbünden und im Engadin. Während die Lawinen im Westen und Norden eher nass oder gemischt beobachtet wurden, waren sie in Graubünden meist trocken, was aufgrund der im Westen und Norden höheren Schneefallgrenze erklärt werden kann.
Bild 2 von 2
Abb. 2: Von den SLF-Beobachtern gemeldete Lawinen am Freitag, 05.01. Die grösste Aktivität war im Wallis, in Mittelbünden und im Engadin. Während die Lawinen im Westen und Norden eher nass oder gemischt beobachtet wurden, waren sie in Graubünden meist trocken, was aufgrund der im Westen und Norden höheren Schneefallgrenze erklärt werden kann.

Ein Überflug von der Region Davos bis ins Unterengadin am Freitag zeigte viele grossflächige Lawinenabgänge insbesondere im Unterengadin (vgl. Abbildung 3). Am markantesten hatten sich die Südhänge entladen, was vermutlich mit dem Vorhandensein von Schwachschichten im Bereich von Krusten zusammen hing.

Bild 1 von 5
Abb. 3: Grossflächige Lawinen im Skigebiet Notta Maluns (Scuol, GR): Piz Nair, Piz Champatsch und Piz Soèr, alles südlich exponierte Hänge, Höhenlage 2500 bis 3000 m (alle Lawinenabgänge vermutlich am 04.01. nachmittags, alle Fotos: SLF/F. Techel, 05.01.2018).
Bild 2 von 5
Ebenfalls flächige Lawinenabgänge an den Südosthängen des Piz Arinas oberhalb von Ramosch, GR. Alle Lawinen waren im schwachen Altschnee gebrochen.
Bild 3 von 5
Der Hang am Piz Arina ist nicht sehr steil, die Hangbereiche mit einer Hangneigung von über 30 Grad sind relativ klein. Umso erstaunlicher sind die langen Auslaufdistanzen der Lawinen.
Bild 4 von 5
Die Alphütte „Discholas“ (Piz Arina) steht offenbar an einem günstigen Standort und wurde von zwei Lawinenarmen knapp umflossen.
Bild 5 von 5
Weitere flächige Lawinen im Lawinenzug Tantervals zwischen Brail und Zernez, GR sowie im Hintergrund am Piz Sarsuret.

Samstag, 06.01. bis Dienstag, 09.01.: Intensiver Niederschlag im Süden und im Wallis führt zu sehr grosser Lawinengefahr in den Vispertälern und im Simplongebiet

Am Samstag. 06.01. setzte im Süden Niederschlag ein, der bis am Sonntagabend von mittlerer Intensität war. Bis Sonntagabend fielen im Simplongebiet und im Bedrettotal rund 50 cm Schnee. Die Schneefallgrenze lag dabei bei 1500 bis 1800 m.

Am Montag griffen dann die Niederschläge weiter ins Wallis über und wurden deutlich intensiver. Die höchste Niederschlagsintensität wurde am Nachmittag und in der Nacht auf Dienstag erreicht (vgl. Abbildung 4). Zeitweise fielen bis zu 10 cm Schnee pro Stunde, was sehr hohen Intensitäten entspricht und nur recht selten beobachtet wird. Die Schneefallgrenze sank im Laufe des Niederschlags etwas ab und lag am Dienstag im Wallis im Bereich von 1300 bis 1600 m.

Bild 1 von 9
Abb. 4: 3-Stunden Neuschneesumme 08.01.2018 06:00 bis 09:00 Uhr
Bild 2 von 9
Abb. 4: 3-Stunden Neuschneesumme 08.01.2018 09:00 bis 12:00 Uhr
Bild 3 von 9
Abb. 4: 3-Stunden Neuschneesumme 08.01.2018 12:00 bis 15:00 Uhr
Bild 4 von 9
Abb. 4: 3-Stunden Neuschneesumme 08.01.2018 15:00 bis 18:00 Uhr
Bild 5 von 9
Abb. 4: 3-Stunden Neuschneesumme 08.01.2018 18:00 bis 21:00 Uhr
Bild 6 von 9
Abb. 4: 3-Stunden Neuschneesumme 08.01.2018 21:00 bis 24:00 Uhr
Bild 7 von 9
Abb. 4: 3-Stunden Neuschneesumme 09.01.2018 00:00 bis 03:00 Uhr
Bild 8 von 9
Abb. 4: 3-Stunden Neuschneesumme 09.01.2018 03:00 bis 06:00 Uhr
Bild 9 von 9
Abb. 4: 3-Stunden Neuschneesumme 09.01.2018 06:00 bis 09:00 Uhr

In diesen vier Tagen fielen in den Hauptniederschlagsgebieten in den südlichen Vispertälern und im südlichen Simplongebiet bis zu 2 m Schnee (vgl. Abbildung 5).

Aufgrund dieses Grossschneefalls, aber auch verbunden mit der Tatsache, dass der letzte Grossschneefall im Wallis erst wenige Tage alt war, stieg die Lawinengefahr markant an und erreichte am Dienstag, 09.01. in den Vispertälern und im südlichen Simplongebiet die Gefahrenstufe 5 (sehr gross). Vor allem in den Hauptniederschlagsgebieten gingen viele grosse, vereinzelt auch sehr grosse Lawinen nieder. Ein kompletter Überblick über die Lawinenaktivität dürfte allerdings erst nach Redaktionsschluss dieses Berichtes entstehen.

Die starken Niederschläge waren auf die südlichen Regionen beschränkt. Im Norden fiel kaum Schnee und deshalb stand dort der Rückgang der Lawinengefahr im Vordergrund. Bis zum Ende der Wochenberichtsperiode herrschte im Norden verbreitet geringe und mässige Lawinengefahr (vgl. Abbildung 6).

Bild 1 von 7
Abb. 6: Verlauf der Lawinengefahr in dieser Wochenberichtsperiode mit dem Rückgang der Lawinengefahr im Norden ab dem 05.01. und dem Anstieg der Gefahr im Südwesten am 08. und 09.01. (05.01.).
Bild 2 von 7
Abb. 6: Verlauf der Lawinengefahr in dieser Wochenberichtsperiode mit dem Rückgang der Lawinengefahr im Norden ab dem 05.01. und dem Anstieg der Gefahr im Südwesten am 08. und 09.01. (06.01.).
Bild 3 von 7
Abb. 6: Verlauf der Lawinengefahr in dieser Wochenberichtsperiode mit dem Rückgang der Lawinengefahr im Norden ab dem 05.01. und dem Anstieg der Gefahr im Südwesten am 08. und 09.01. (07.01.).
Bild 4 von 7
Abb. 6: Verlauf der Lawinengefahr in dieser Wochenberichtsperiode mit dem Rückgang der Lawinengefahr im Norden ab dem 05.01. und dem Anstieg der Gefahr im Südwesten am 08. und 09.01. (08.01.).
Bild 5 von 7
Abb. 6: Verlauf der Lawinengefahr in dieser Wochenberichtsperiode mit dem Rückgang der Lawinengefahr im Norden ab dem 05.01. und dem Anstieg der Gefahr im Südwesten am 08. und 09.01. (09.01.).
Bild 6 von 7
Abb. 6: Verlauf der Lawinengefahr in dieser Wochenberichtsperiode mit dem Rückgang der Lawinengefahr im Norden ab dem 05.01. und dem Anstieg der Gefahr im Südwesten am 08. und 09.01. (10.01.).
Bild 7 von 7
Abb. 6: Verlauf der Lawinengefahr in dieser Wochenberichtsperiode mit dem Rückgang der Lawinengefahr im Norden ab dem 05.01. und dem Anstieg der Gefahr im Südwesten am 08. und 09.01. (11.01.).

Mittwoch, 10. und Donnerstag, 11.01: Beruhigung der Lawinensituation

Am 10. und 11.01. fiel kaum mehr Niederschlag und auch der Wind flaute ab. Wie es nach solchen Grossschneefällen typisch ist, beruhigtes sich die Situation nach dem Ende der Niederschläge rasch. Begünstigend kam hinzu, dass die Temperaturen langsam absanken und sich damit die Schneedecke vor allem in den mittleren Lagen verfestigte. Die Lawinengefahr war am Donnerstag 11.01. in keinem Gebieten mehr auf Stufe 4 oder 5 (vgl. Abbildung 6).

Rekordmessungen, Vergleiche mit Lawinenwintern

Neuschneemengen

An den Beobachterstationen waren die Neuschneemengen von dieser Niederschlagsperiode oder auch von der Niederschlagsperiode vom 01. bis 05.01 nicht wirklich ausserordentlich, weil es in diesen Höhenlagen häufig geregnet hatte. Anders sah es an den IMIS-Stationen aus: Die 3-, 5- oder 7-Tagessummen waren zwar ausserordentlich, aber nicht rekordmässig.  Anders sah es für die  10-, 11- und 12-Tagessummen aus. An vielen Stationen hatte es  seit dem Jahreswechsel fast jeden Tag geschneit. Entsprechend lagen die 12-Tages-Neuschneesumme an den Stationen im Mattertal klar auf Rang 1 (siehe Tabelle 1).

Im Gegensatz zum Mattertal zeigten die Stationen im Saastal relativ kleine Neuschneesummen. Sie waren vermutlich vom Wind beeinflusst. Die Messung auf dem Messfeld Egginer (4EG) oberhalb von Saas Fee konnte in diesen Tagen nicht durchgeführt werden. Im Simplongebiet waren die Neuschneesummen wieder ähnlich gross wie im Mattertal. Die 12-Tages Neuschneesummen der aktuellen Starkschneefallperiode zeigen Werte zwischen 350 und 500 cm.  Die beiden Stationen SPN3 und BOR2 im Simplongebiet hatten schon Ereignisse mit rund 20-30 % grösseren Werten erlebt. Ein Vergleich mit den maximal gemessenen 12-Tagessummen anderer Starkschneefallereignisse am Alpennordhang zeigte, dass die Werte dort ähnlich gross waren. So wurden im Februar 1999  an der Station Gadmen (GAD2) im Sustengebiet 12-Tages Neuschneesummen von 509 cm und an der Vergleichsstation Elm (3EL) von 452 cm gemessen.

Tabelle 1: Die zwei grössten 12-Tages Neuschneesummen Ereignisse an einigen Stationen in den Vispertälern und am Simplon

StationDatum12-Tages NeuschneesummeSchneehöheSchneehöhenzuwachs 12 Tage
Oberer Stelligletscher, Zermatt (STN2)10.01.2018443227224
09.02.1999261267116
Zermatt, Gornergrat (GOR2)10.01.2018345243161
30.04.201424427486
Bortelsee, Simplon (BOR2)16.11.2014581273259
10.01.2018464370231
Wenghornd, Simplon (SPN3)26.11.2002555280260
10.01.2018402307168

Neuschneemodellierung an IMIS-Stationen und die Rolle von Regenmessern

Die Neuschneemengen an den IMIS-Stationen werden mit dem Schneedeckenmodell SNOWPACK berechnet. Weil sich die Schneedecke während und nach einem Schneefall laufend setzt, kann die Neuschneemenge an einer Station nicht einfach durch die Differenz der absoluten Schneehöhe ermittelt werden (Abb. 7, a). Die Neuschneemenge muss daher mit einer Simulation berechnet werden. Das Modell simuliert diese Setzung abhängig von der Schneemikrostruktur, dem flüssigen Wassergehalt, der Dichte und der Masse. Dabei ist der flüssige Wassergehalt abhängig von der Energiebilanz und von Regen. Das heisst, dass das Modell für Stationen mit einem Regensensor viel genauer ist (Abb. 7, b und c): mit dem Regen setzt sich die Schneedecke viel stärker als wenn das Modell ohne diese Information läuft. Daher bringen Regenmesser eine gute Verbesserung bei der Simulation der Neuschneemengen. Leider sind aber Regenmesser bei Schnee wiederum ziemlich unzuverlässig (sie können mit Schnee verstopfen, messen zu wenig Niederschlag wann es windet, usw). Immer mehr IMIS-Stationen werden mit Regenmessern ausgerüstet. Die in Tabelle 1 erwähnten Stationen (STN2, GOR2, BOR2, SPN2) sind alle mit einem Regenmesser ausgerüstet.

Gefahrenstufe 5 und Vergleich mit Lawinenwinter 1998/99

Erstmals seit 2008 wurde wieder die höchste Gefahrenstufe 5 (sehr gross) verwendet. 2008 hatte sich diese hohe Gefahrenstufe nicht bestätigt (Wochenbericht). Ein Vergleich mit dem Lawinenwinter 1998/99 zeigt zudem, dass diesmal die Gefahr zeitlich und räumlich viel mehr beschränkt war.  Im Februar 1999 waren folgende Gebiete und Tage mit sehr grosser Lawinengefahr betroffen:

21.2.: ganzer Alpennordhang und Oberwallis

22.2.: ganzer Alpennordhang, ganzes Wallis, Nordbünden, Samnaun

23.2.: ganzer Alpennordhang, ganzes Wallis, Nordbünden, Samnaun

24.2.: ganzer Alpennordhang, ganzes Wallis, Nordbünden, Samnaun

25.2.: ganzer Alpennordhang, ganzes Wallis, Nordbünden, Samnaun

Dementsprechend war im Februar 1999 auch die Lawinenaktivität von einer anderen Dimension (ca. 1200 registrierte Schadenlawinen). Trotzdem war diese Lawinenperiode speziell für die Vispertäler und das Simplongebiet ausserordentlich. Eine umfangreichere Analyse der Situation wird im Winterbericht gemacht.

Entwicklung der Schneedecke, Schneeschmelze

Für die Entwicklung der Schneedecke im weiteren Winterverlauf können diese Grossschneefälle positiv gewertet werden. Am Alpennordhang war die Schneedecke günstig aufgebaut. Im Wallis wurden bodennahe Schwachschichten mit mächtigen Schneeschichten dieser Periode überschneit und Lawinen dürften nach der Verfestigung der Neu- und Triebschneeschichten kaum mehr in diesen bodennahen Schichten auslösbar sein.  Den ungünstigsten Aufbau zeigte die Schneedecke in Mittelbünden, im Engadin und in den Bündner Südtälern (vgl. Abbildung 8). Dort erschienen Lawinenauslösungen in schwachen, bodennahen Schichten noch möglich.

In der Höhe ist die Schneedecke verbreitet vom Wind geprägt, in mittleren Lagen von Wärme und Regen. Unterhalb von rund 1500 m nahm das Schneewasseräquivalent durch Schneeschmelze in den Einzugsgebieten Aare, Limmat und Rhone um bis zu 40 mm ab.

Lawinenschutz

Solche Lawinenperioden sind auch immer ein Bewährungstest für den Lawinenschutz. Einmal mehr zeigte sich, wie wichtig die baulichen Schutzmassnahmen sind. Sie gewährleisten einen hohen Schutz für die Infrastruktur, insbesondere für Siedlungen und Verkehrswege. In solch ausserordentlichen Lawinenperioden wie dieser, stossen aber auch die baulichen Schutzmassnahmen an ihre Grenzen (vgl. Abbildung 9 und 10).

Sehr hohe Anforderungen stellen solche Lawinensituationen auch an den temporären Lawinenschutz und die Sicherheitsverantwortlichen. Vor allem im Bereich der künstlichen Lawinenauslösung konnten im Vergleich zum Lawinenwinter 1998/99 mit vielen fixen Sprenganlagen grosse Verbesserungen erzielt werden. Dank diesen Anlagen können Lawinen nicht nur in Schönwetterperioden mit dem Helikopter, sondern bereits während des Schneefalles in kleineren Portionen ausgelöst werden (vgl. Abbildung 10 sowie Videos Lawinensprengung Schafberg und Lawinensprengung Pizol).

Schadenlawinen

Dank der sehr guten Arbeit der lokalen Sicherheitsverantwortlichen, welche temporäre Massnahmen wie Sperrungen und Evakuierungen anordnen oder künstlichen Lawinenauslösungen durchführen, kam es zu keinen Personenschäden.

Eine abschliessende Beurteilung der Lawinen mit Sachschäden wird erst im Sommer möglich sein, da Schäden z.B. am Wald oder an Alphütten in abgelegenen Gebieten teilweise erst im Frühling festgestellt werden können. Bis dato wurden 8 Lawinen mit Sachschäden, alle im Kanton Wallis, registriert (vgl. Tabelle 2).

Tabelle 2: Vorläufige Bilanz der Schadenlawinen von vom 05. bis 11.01. Diese Angaben sind provisorisch und können noch ändern.

DatumKantonOrtSchaden
05.01.2018VSMerdensonBrücke zerstört, evtl. Waldschaden
05.01.2018VSMerdensonWaldschaden, Strasse verschüttet
08.01.2018VSSt. NiklausMatterhorn-Gotthard-Bahn und geschlossene Strasse verschüttet, Fahrleitung beschädigt, Waldschaden (vgl. Abbildung 8).
09.01.2018VSMerdensonBrücke bereits zerstört, wahrscheinlich zusätzlicher Waldschaden
09.01.2018VSGinalsSkiliftmasten weggerissen
09.01.2018VSTufterchummeTotalschaden der Talstation "Chumme"
09.01.2018VSEgginerSachschäden unbekannt (Waldschaden und/oder offene Piste)
09.01.2018VSEistenSachschäden unbekannt (Waldschaden und/oder Infrastruktur)

 

Gefahrenentwicklung

Lawinenbulletins dieser Zeitperiode im Überblick.

 

den nächsten AvaBlog öffnen