Wochenbericht 02. März-08. März 2018

Triebschnee auf ungünstiger Unterlage, viele Lawinenauslösungen

 

Mit Neuschnee und Wind entstanden während dieser Wochenberichtsperiode laufend Triebschneeansammlungen, die aufgrund der ungünstigen Unterlage sehr auslösefreudig waren. Am Wochenende vom 03./04.03. gab es diverse Personenauslösungen und in der Berichtsperiode leider zwei Todesopfer.

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Ein typisches Bild für diese Wochenberichtsperiode. Eine kleine durch Personen ausgelöste Triebschneelawine auf ca. 1600 m an einem Nordhang des Schnüerstock (Riemenstalden, SZ) hinter einer Geländekante (Foto: M. Scherrer, 04.03.2018).
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Ein Schneebrettanriss im Gebiet der Capanna del Forno (2574 m, Bregaglia, GR). An den Steinen erkennt man, dass dieser Hangbereich eingeweht wurde und der Triebschnee somit hinter der Geländekante lag (Foto: F. Feuerstein, 02. 03. 2018).
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Am Gfroren Horn (2746 m, Davos, GR) erkennt man deutlich, wie der Schnee im Gratbereich erodiert wurde und wie in der Mulde hinter den Tourengängern Triebschnee abgelagert wurde (Foto: M. Gilgien, 03.03.2018).
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Ein Triebschneerutsch an einem Osthang am Stafflerberg (Davos, GR) auf ca. 2150 m. Die Lawine wurde bei der Abfahrt ausgelöst (Foto: SLF/F. Techel, 03.03.2018).
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Ebenfalls in der Abfahrt löste ein Skitourengeher auf ca. 2500 m am Stelli (Arosa, GR) diese Schneebrettlawine aus. Sie erreichte eine Länge von 400 m. Im Vordergrund sieht man, dass die Schneeverfrachtung immer noch zu Gange war (Foto: SLF/B. Gerling, 03.03.2018).
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Durch den Föhn wurde der Schnee verfrachtete und lagerte sich als Triebschnee unter anderem hinter Geländekanten ab. Dieser konnte durch Personen leicht ausgelöst werden wie hier auf ca. 2100 m an einem Nordhang am Albristhore (St. Stephan, BE; Foto: J. Folly, 04.03.2018).
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Beim Passieren dieser Geländekante an einem Osthang auf ca. 1850 m am Chäserrugg (Alt. St. Johann, SG) wurde diese Lawine fernausgelöst (Foto: P. Diener, 04.03.2018).
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Ein Fjord in Norwegen? Nein, das ist der Blick vom Brienzergrat auf den Brienzer See (BE). In den Kammlagen erkennt man den abgelagerten Triebschnee (Foto: SLF/F. Techel, 04.03.2018).
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Eine spontane Schneebrettlawine an einem Westhang des Furggabüel (Domat/Ems, GR) auf ca. 2100 m (Foto: M. Graf, 04.03.2018).
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Der Föhn zeigt sich in Form einer Lenticularis-Wolke über dem Hausstock (3158 m, Ilanz/Glion, GR; Foto: A. Schmidt, 04.03.2018).
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Eine weitere Lawinenauslösung im Triebschnee an einem sehr steilen Nordosthang am Pizol (2844 m, Mels, SG). Am Gipfelgrat sind die Schneeverwehungen deutlich zu erkennen (Foto: T. Good, 04.03.2018).
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Perfekte Pulverbedingungen im Wallis am Col d’Emaney (2462 m, Evionnaz) nach den Schneefällen (Foto: J.-L. Lugon, 04.03.2018).
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Eindrückliche Weitsicht über das Vallon d'Emaney (Evionnaz, VS), in der Bildmitte der Dent d'Emaney (2567 m; Foto: J.-L. Lugon, 04.03.2018).
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Kleine, fernausgelöste Triebschneelawine an einem sehr steilen Südosthang am Piz Tarantschun (2768 m, Casti-Wergenstein, GR). Im Bereich der Aufstiegsspur sieht man die Windspuren (Foto: J. Bernhard, 04.03.2018).
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Von Personen im älteren Triebschnee ausgelöste Lawine an einem sehr steilen Nordwesthang am Piz Salteras (3110m, Surses, GR). Zum Glück wurde niemand durch den Abgang verletzt (Foto: T. Good, 05.03.2018).
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Geringmächtige Schneebrettlawinen im "Steinbock-Run" am Weissfluhgipfel, Parsenn Davos, GR (Osthang, 2700 m, Anriss 20 cm geschätzt). Die grössere Lawine rechts wurde gesprengt, die kleinere später von Skifahrern ausgelöst (Foto: SLF/B. Zweifel, 08.03.2018).

Wetter

Freitag, 02.03. bis Montag, 05.03.: immer wieder wenig Schnee, dann starker Südföhn
Abgesehen von letzten Aufhellungen im Osten startete diese Wochenberichtsperiode am Freitag bewölkt. Aus Südwesten fiel im Tagesverlauf wenig Schnee. Am Samstag war es im Osten zunächst recht sonnig, bevor aus Westen erneut Wolken aufzogen und ein paar Zentimeter Schnee fielen. Am Sonntag war es nach einer ziemlich klaren Nacht mehrheitlich sonnig. Am Montag war es im Norden teils sonnig, sonst bewölkt.
Insgesamt fiel von Mittwoch- bis Sonntagmorgen mit Unterbrüchen vor allem im Westen Schnee; am meisten im westlichen Unterwallis, im Chablais, in Ovronnaz und in Montana mit 30 bis 50 cm (Abbildung 1).

Der Wind wehte zunächst meist mässig aus Süd bis West. Am Sonntag und Montag blies der Wind zeitweise stark aus südlichen Richtungen, in den Alpentälern des Nordens als starker Südföhn (Abbildung 2).
Die Temperaturen stiegen weiter an und erreichten am Sonntag und Montag mit dem Südföhn im Norden mittags auf 2000 m +2 °C. Im Süden war es rund 4 °C kälter.

Dienstag, 06.03. bis Donnerstag, 08.03.: mehrheitlich bewölkt, Neuschnee im Norden und Westen
Am Dienstag und Mittwoch war es stark bewölkt. Am Mittwoch schneite es verbreitet. In der Nacht auf Donnerstag endeten die Niederschläge. Am meisten Schnee fiel ganz im Westen sowie verbreitet am westlichen Alpennordhang (Abbildung 3). Am Donnerstag wurde es tagsüber recht sonnig.
Der Wind wehte am Dienstag meist schwach aus westlichen Richtungen, am Mittwoch und Donnerstag dann mässig bis stark.

Schneedecke und Lawinengefahr

Vor dieser Wochenberichtsperiode war die Schneeoberfläche besonders an Windschattenhängen verbreitet locker und kantig aufgebaut oder mit Oberflächenreif bedeckt (siehe letzter Wochenbericht). Mit Wind und Neuschnee entstanden von Freitag, 02.03. bis Sonntag, 04.03. täglich neue Triebschneeansammlungen. Diese kamen besonders an West-, Nord- und Osthängen auf die eingangs erwähnte, ungünstige Oberfläche zu liegen und waren sehr auslösefreudig. Aus dem Gelände wurden häufige Alarmzeichen wie Risse, Wummgeräusche oder auch Fernauslösungen gemeldet, alles deutliche Hinweise für die hohe Auslösebereitschaft von Lawinen (Abbildung 4). Gleichzeitig wurden schon etwas ältere Triebschneeansammlungen laufend überschneit und waren deshalb schwer zu erkennen. Sie blieben aber störanfällig.

Am Sonntag, 04.03. waren bei sonnigem und mildem Wetter viele Leute in den Bergen unterwegs, entsprechend wurden aufgrund der hohen Auslösebereitschaft auch viele Lawinenauslösungen gemeldet (siehe Kapitel Lawinenunfälle). Die Lawinengefahr wurde verbreitet mit Gefahrenstufe 2 (mässig) eingeschätzt, da die Auslösebereitschaft nicht das einzige Kriterium bei der Festlegung der Gefahrenstufe ist (mehr dazu im folgenden Kapitel „Mässig oder erheblich?“).
Am Montag, 05.03. wurden kaum frische Triebschneeansammlungen gebildet, da das verfrachtbare Angebot vorübergehend schlicht zu gering war.
Mit Neuschnee und Wind entstanden ab Dienstag, 06.03. zuerst im Westen, ab Mittwoch, 07.03. dann auch in den übrigen Gebieten weitere Triebschneeansammlungen. Damit wurden die älteren Triebschneeansammlungen zum wiederholten Mal überdeckt. Sie blieben aber weiterhin störanfällig und somit war die Lawinensituation in vielen Gebieten schwierig zu beurteilen.

 

Mässig oder erheblich?

Wir verwenden für die Beschreibung der Lawinengefahr die fünfstufige, europäische Lawinengefahrenskala. Die Festlegung der Gefahrenstufe hängt dabei von den folgenden drei Kriterien ab:

  • Auslösewahrscheinlichkeit
  • Verbreitung der Gefahrenstellen
  • Anzahl und Grösse der Lawinen

In der untenstehenden Matrix der Europäischen Lawinenwarndienste (EAWS) wurde versucht, die fünf Gefahrenstufen den unterschiedlichen Ausprägungen dieser drei Kriterien zuzuweisen (Abbildung 5). Diese Matrix hat zum Ziel, die Anwendung der Gefahrenstufen zwischen den verschiedenen Warndiensten weiter zu vereinheitlichen.

Am vergangenen Wochenende waren

  • Lawinenauslösungen bereits bei geringen Zusatzbelastung möglich (A),
  • die Gefahrenstellen lagen an einigen Steilhängen (B), nämlich dort wo der Triebschnee abgelagert wurde und
  • bezüglich der Lawinengrösse musste im Westen, wo mehr Neuschnee fiel, mit mittelgrossen Lawinen gerechnet werden, in den übrigen Gebieten mit kleinen Lawinen (C).

Daraus resultierten die blau umrandeten Gefahrenstufen. Im Nachhinein hätte das (A) auch als „Bei geringer Zusatzbelastung wahrscheinlich“ beurteilt werden können.

Aufgrund dieser Matrix wurde die Lawinensituation am vergangenen Wochenende in grossen Teilen des Alpennordhangs und des südlichen Unterwallis sowie des Oberwallis, im nördlichen Tessin sowie in Graubünden mit Gefahrenstufe 2 (mässig) eingeschätzt (siehe Gefahrenverlauf ganz unten).
Dieses Beispiel zeigt, dass die Gefahrenstufen sehr unterschiedliche Ausprägungen haben können. Deshalb sollte man als Schneesportler abseits gesicherter Pisten nicht nur die Gefahrenstufe, sondern auch die Gefahrenbeschreibung kennen. In der Gefahrenbeschreibung werden die Ausprägungen der oben genannten drei Kriterien genauer beschrieben.
Übrigens ist unter anderem die Ausprägung „kleine, leicht auslösbare Triebschneeansammlungen“ in der Interpretationshilfe zum Lawinenbulletin genauer umschrieben.

Lawinenunfälle

Dem SLF wurden in dieser Berichtsperiode bis Redaktionsschluss insgesamt 20 Lawinen mit erfassten Personen gemeldet (Abbildung 6). Leider sind bei zwei Lawinenunfällen zwei Personen gestorben. Damit forderten Lawinen im Winter 2017/18 bis jetzt 17 Todesopfer, was in etwa dem langjährigen Durchschnitt entspricht. Mit 14 war die Mehrheit der Lawinenopfer Tourengänger.

 

Gefahrenentwicklung

Lawinenbulletins dieser Zeitperiode im Überblick.

 

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