Messtechnik nach Mass

Am SLF wird viel gemessen: Geschwindigkeiten von Lawinen, Temperaturen von Permafrostböden, räumliche Muster der Schneeverteilung oder Wachstumsraten von Bäumen. Die Aufzählung liesse sich beliebig fortsetzen. Die Forschenden wissen zu Beginn eines Projekts meistens sehr genau, was sie messen wollen. Sobald es jedoch darum geht, konkrete Lösungen für die Messtechnik zu finden, tauchen viele Fragen auf: Welche Typen von Sensoren kommen in Frage? Welche Materialien sind geeignet? Wie lassen sich die Geräte im Labor oder draussen im Gelände installieren? Wie kann die Stromversorgung gewährleistet werden? Für diese Fragen sind die Konstrukteure, Mechaniker und Elektroniker der Gruppe "Versuchsanlagen" zuständig.

Das Unmögliche möglich machen

Da die Anforderungen an die Messtechnik in der Forschung sehr spezifisch sind, findet man auf dem Markt selten fixfertige Vorrichtungen. Die SLF-Techniker sind deshalb immer wieder aufs Neue gefordert, kreative Lösungen zu finden und massgeschneiderte Eigenentwicklungen herzustellen. Oft werden nur einzelne Sensoren und Konstruktionselemente eingekauft und danach in der SLF-Werkstatt je nach Bedarf abgeändert, zusammengesetzt oder mit programmierbaren Steuerungselementen ausgestattet (Abb. 1). Im Verlauf der Jahre sind am SLF auf diese Weise viele massgeschneiderte Prototypen entstanden, die sonst nirgendwo auf der Welt existieren. Das Spektrum an Eigenentwicklungen ist breit: Es reicht von tonnenschweren Metallmasten, die inmitten von gesprengten Lawinen deren Fliesseigenschaften messen (Abb. 1), bis zu millimeterkleinen Sensoren, die feinste Veränderungen in der Luftfeuchtigkeit registrieren.

SLF-Messtechnik findet internationale Beachtung

Die meisten der am SLF entwickelten Geräte leisten für verschiedene Forschungsprojekte jahrelang gute Dienste und bleiben dabei im Hintergrund. Einzelne Geräte schaffen jedoch den Sprung ins internationale Rampenlicht. Dazu gehört z. B. das SnowMicroPen (Abb. 2). Dieses Schneemikropenetrometer misst mit sehr hoher Auflösung die Härte übereinander liegender Schneeschichten. Das das SnowMicroPen für sehr vielfältige Zwecke einsetzbar ist, stösst es auch im Ausland auf grosses Interesse. Im Verlauf der Jahre wurde es an Forschungsinstitute in Frankreich, Österreich, Schottland, Indien, Kanada und in den USA verkauft. In einem Projekt der FIS zur Verbesserung der Sicherheit von Rennpisten wird das SnowMicroPen z.B. zur Bestimmung der Härte und des Aufbaus von Ski- und Langlaufpisten verwendet.

Arbeiten unter extremen Bedingungen

Die Techniker arbeiten oft unter extremen Bedingungen. Sie reparieren und installieren die meisten Einrichtungen wenn möglich im Sommer. Trotzdem sind Arbeitseinsätze im Winter unumgänglich. Dann müssen die Techniker nicht selten bei Wind und eisigen Temperaturen auf den verschiedenen Testanlagen des SLF Präzisionsarbeiten verrichten. So sind die Arbeiten an den Wetter-Messstationen äusserst anspruchsvoll (Abb. 3). Als wäre dies nicht schon Herausforderung genug, befinden sich viele dieser Stationen auch noch in steilem oder schwer zugänglichem Berggebiet. Schwer zugänglich sind oft auch die Installationen für Permafrost-Messungen. So braucht es z. B. für die Arbeiten auf dem Gemsstock bei Andermatt nicht nur technisches Wissen sondern auch bergsteigerisches Können. Die Felstemperatur-Messgeräte befinden sich dort nämlich in steilen Felswänden auf beiden Seiten eines Grates.

Spitzenforschung dank innovativer Messtechnik

Fortschritte in der Forschung basieren oft auf neuen Ansätzen in der Messtechnik. Eine gute Zusammenarbeit zwischen Forschenden und Technikern ist deshalb am SLF äusserst wichtig. Um konstant Spitzenleistungen in der Forschung zu erbringen, braucht es einen konstruktiven Prozess zwischen beiden Seiten, welcher von einer Idee für ein Hilfsmittel über dessen Entwicklung, und in weiteren Schritten über das Testen und Adaptieren sowie Weiterentwickeln eines Gerätes, einer Messeinrichtung oder einer baulichen Konstruktion geht.

Als konkretes Beispiel sei hier der Radarschlitten erwähnt. Mit Georadar lassen sich Schneeeigenschaften messen. Der Vorteil dieser Technik besteht darin, dass sich hunderte von Messungen gleichzeitig realisieren lassen (weiterführende Informationen zu schneehydrologischen Messungen mit Georadar finden Sie hier). Damit mobile Messungen im Gelände realisiert werden können, wünschten sich die Forscher einen Schlitten, mit welchem die Radaranlage einfach – und auch über weite Distanzen – transportiert werden kann. Die Herausforderung für die Techniker bestand darin, ein robustes und dennoch leichtes Gefährt zu entwickeln, das zudem ohne jegliches Metall auskommt, da dieses die Radarmessungen beeinflussen könnte.

Die graphische Darstellung (Abb. 4) zeigt die Konstruktion im Überblick. Kunststoff ist das dominierende Material bei diesem Eigenbau. Die Anforderung an den Kunststoff besteht darin, dass dieser leicht und trotzdem lastentauglich sein muss und zum anderen sehr tiefen Temperaturen und trockener Luft stand halten soll. In einer Pulka aus Kunststoff werden die vier Radare transportiert. Die den Seiten entlang montierten Halterungen dienen dazu, auf Wunsch Kunststoffstreben, die mit Glasfaser verstärkt sind, zu montieren. So können die Radare - den örtlichen Gegebenheiten entsprechend - auf einer Holzplatte höhenvariable für die Messungen eingerichtet werden. Abb. 5 zeigt einen Schlitten im Einsatz. Es können bei Bedarf auch zwei Pulkas aneinander gehängt werden. Bei den Verbindungsstreben kommen  glasfaserverstärkte Kunststoffrohre zum Einsatz.