AvaBlog 23. Dezember 2025

Wenig Schnee und kaum Lawinen

Kurz vor Weihnachten lag in den meisten Gebieten ausserordentlich wenig Schnee. Aufgrund der ausbleibenden Schneefälle war die Schneequalität bescheiden – Pulverschnee suchte man oft vergebens. Trotz teils ausgeprägter Schwachschichten in der Schneedecke köchelte die Lawinengefahr nur auf tiefer Flamme. Es fehlte ein ausreichend zusammenhängendes Schneebrett, das die Schwachschichten überlagerte. 

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Schaurig schön. Die hellere Schicht besteht aus einem grossen, noch aufrechtstehenden Oberflächenreif. Sie ist weniger kompakt und lässt daher mehr Licht durch. Bei genauem Betrachten erkennt man die einzelnen Reifkristalle (>2 cm). Das darüberliegende ‘Schneebrettt’ war noch immer dünn. Aufgenommen am Chlei Schwarzhora, 2800 m, Davos, GR (Foto: M. Senn, 20.12.2025).
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Am Nordhang der Pointe d'Hérémence (Anzère, VS) löste sich am 17.12. auf 2450 m eine spontane, grosse Gleitschneelawine. Diese stiess bis in den Talboden der Combe des Andins vor (Foto: F. Meyer, 18.12.2025).
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Bis auf rund 2500 m, in einigen Gebieten der Alpennordseite sogar noch höher, war die Schneeoberfläche oft verkrustet. Unter dieser Kruste bildeten sich in der oft dünnen Schneedecke lockere und kantige Schichten. Diese typischen Schwachschichten stellten kurz vor Weihnachten kaum ein Problem dar, da sie nur von einem dünnen «Schneebrett» bedeckt waren (Foto: N. Büchi, 19.12.2025, Crap la Tgina, Flims, GR).
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Am Nordhang der Schwarzhora auf 2700 m (Davos, GR) wurde in der Schneedecke ein ausgeprägter und grosser Oberflächenreif beobachtet. Diese lockere Schicht mit grossen Hohlräumen ist sehr störanfällig und konnte im Stabilitätstest des abgebildeten Schneeprofils leicht ausgelöst werden (Foto: M. Senn, 20.12.2025).
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Vielerorts gibt es einmal mehr grüne Weihnachten. Eine geschlossene Schneedecke gab es an Nordhängen meist erst oberhalb von 1400 m, an Südhängen oberhalb von 1800 bis 2000 (Foto: 21.12.2025, P. Diener, Alt St. Johann, SG).

Schneedecke und Lawinengefahr

Seit dem letzten Avablog fiel im Norden kein Neuschnee. Am Alpenhauptkamm und südlich davon fielen zwischen 17. und 23. Dezember in Summe verbreitet 10 bis 20 cm, im westlichen Tessin und im Simplongebiet bis 40 cm Schnee. Dieser Neuschnee im Süden überlagerte in der Höhe eine dünne, aber schwache Altschneedecke aus kantig aufgebauten Kristallen. 

Nördlich des Alpenhauptkammes war die Schneedecke von Wärme, Regen und mehreren Phasen mit starkem Südwind geprägt. Dadurch waren die Schneeoberflächen an Südhängen und allgemein unterhalb von rund 2400 m oft hart gefroren oder feucht. Mit etwas Glück konnte man im Tagesverlauf an steilen, noch nicht ausgeaperten Südhängen fast schon frühlingshafte Sulzschneeverhältnisse antreffen. Zumeist hielt sich der Fahrspass aber in Grenzen. 

Besonders in den inneralpinen Gebieten des Wallis und in ganz Graubünden fanden sich an Schattenhängen oberhalb von rund 2400 m teils ausgeprägte Schwachschichten aus kantig aufgebauten Kristallen oder Oberflächenreif in der Schneedecke. In diesen Schwachschichten wurden aber nur vereinzelt und meist kleine Lawinen ausgelöst. Dies hing vor allem damit zusammen, dass die Schwachschichten nur dünn überlagert waren und das darüberliegende Schneebrett sich ebenfalls zunehmend kantig aufbauend umwandelte. Damit waren Bruchfortpflanzungen über grössere Distanzen unwahrscheinlich (vgl. Abbildung 1). 

Der teils starke Südwind liess lokal störanfällige Triebschneeansammlungen entstehen. Auch diese wurden teils auf kantig aufgebaute Oberflächen abgelagert. Aufgrund der geringen Menge an verfrachtbarem Schnee, waren sie aber meist klein und stellten vor allem im Zusammenhang mit einer Geländefalle oder einem potentiellen Absturz eine Gefahr dar (vgl. Abbildung 2).

Nördlich von einer Linie Rhone-Rhein war der Schneedeckenaufbau günstiger. 

Trotz der vielerorts vorhandenen Schwachschichten war die Lawinengefahr kurz vor Weihnachten 2025 gering (Stufe 1) bis mässig (Stufe 2). Der Schneedeckenaufbau war vor allem in hohen Lagen ungünstig im Hinblick auf zukünftige Schneefälle. Leider war zum Zeitpunkt des Blogs der ganz grosse Schnee noch nicht in Sichtweite.

Schneelage und Neue Karte ‘Schneehöhe relativ’

Die Karte der relativen Schneehöhe zeigte deutlich, dass die Schneehöhen im gesamten Schweizer Alpenraum über alle Höhenlagen hinweg klar unter dem langjährigen Mittel (1991–2020) lagen (vgl. Abbildung 3).

An Nordhängen lag meist erst oberhalb von 1400 m, an Südhangen oberhalb von 1800 bis 2000 m eine zusammenhängende Schneedecke. 

Hauptursache der ausgeprägten Schneearmut waren die fehlenden Schneefälle (vgl. Abbildung 4). Die wenigen Niederschläge der vergangenen Wochen fielen zudem teilweise bis in Höhen von rund 2500 m als Regen statt als Schnee. 

Eine solche schneearme Situation kurz vor Weihnachten ist aussergewöhnlich, aber nicht einmalig. Aktuell lag an manchen Stationen unterhalb 1500 m gar kein Schnee, z.B. in Adelboden (1325 m) oder in Sedrun (1430 m). Dies hatte es an beiden rund 60-jährigen Messreihen schon 10, respektive 4-mal gegeben. Auffällig ist allerdings, dass die Mehrheit dieser schneelosen Weihnachtstage in den letzten 20 Jahren beobachtet wurde. Weiter oben, etwa in Arosa (1835 m), lag während der Weihnachtstage der Jahre 1989, 2014, 2015 und 2016 noch geringfügig weniger Schnee.

Schneearmut gab es auch in der Höhe: an sieben IMIS-Stationen am zentralen Alpennordhang und in Graubünden (mit maximal 34-jährigen Messreihen) wurde zuvor nur in einem bis zwei Frühwintern zu Weihnachten noch weniger Schnee verzeichnet. Dies im Unterschied zu den westlichen Gebieten, in welchen die Schneearmut weniger ausgeprägt war (vgl. Abbildung 5). Der bisherige Negativrekord wurde an den obigen sieben Stationen im Dezember 2016 beobachtet.  

Nicht viel besser sah die Situation im Tessin aus. Dort gab es zuvor je nach Station nur drei weitere Frühwinter mit noch weniger Schnee an Weihnachten; Rekordhalter sind vor allem die schneearmen Dezember 2001 und 2015. 

Zum Schluss ein paar Hintergrundinformationen zur oben erwähnten Karte der relativen Schneehöhe. Anstatt auf einer Interpolation der relativen Schneehöhe an einzelnen Messstationen basiert die Karte seit kurzem auf der Schneemodellierung des operationellen schneehydrologischen Dienstes des SLF (OSHD). Dabei kommt eine vereinfachte Modellvariante zur Anwendung, die sich für klimatologische Anwendungen und lange Datenreihen eignet. Schneehöhen aus diesem Modell werden täglich auf einem 1 km Raster berechnet. Input für das Modell sind auf Messdaten beruhende Temperatur- und Niederschlagsgitter von MeteoSchweiz und gemessene Schneehöhen von 350 manuellen und automatischen SLF- und MeteoSchweiz Stationen. Das Modell liefert sowohl den Referenzdatensatz für die langjährigen Mittelwerte (1991-2020), als auch die aktuelle Einschätzung für den jeweiligen Tag. Weil die Temperatur- und Niederschlagsgitter jeweils erst am Nachmittag zur Verfügung stehen, wird die Schneehöhe am aktuellen Tag am Morgen zunächst auf Basis der aktuellen Vorhersage des Wettermodells ICON eingeschätzt und gegen 13:45 dann aktualisiert, wenn die Gitterdaten von Meteoschweiz verfügbar sind. Die neue Datengrundlage hat den Vorteil, dass die Kartenqualität nicht mehr von der Anzahl verfügbarer Stationen oder deren Reihenlänge abhängt und die Karte nun durchgehend vom 1. November bis zum 30. Juni publiziert werden kann. Relative Schneehöhen werden jedoch nur in Höhenlagen dargestellt, in denen üblicherweise Schnee liegt. Bereiche an denen im Mittel am aktuellen Tag weniger als 10 cm liegen, werden ausgeblendet. 

Sei es auf Biketouren, Wanderungen, auf den Skipisten, beim Feiern mit der Familie und dort wo möglich sogar auf einer Ski- oder Snowboardtour – Wir wünschen allen schöne Weihnachten! 

Gefahrenentwicklung

Lawinenbulletins dieser Zeitperiode im Überblick.

 

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