«Im Januar war der Schnee aus dem Depot schon weg»

Im Interview erklärt SLF- Sportingenieur Fabian Wolfsperger, welche Folgen warme Winter für Snowfarming haben und warum sie den Start in die kommende Wintersportsaison verzögern oder gar unmöglich machen.

Herr Wolfsperger, der Winter 2022/23 war warm und schneearm. Gelang es den Wintersportorten da überhaupt, ihre Schneedepots für den Start in die kommende Saison zu füllen?

Nicht allen. Hier in der Schweiz sieht es gut aus. Im Prinzip war es knapp, hat am Ende aber dann doch geklappt. Lenzerheide, Davos und andere haben ihre Vorräte komplett aufgefüllt. In Slowenien sieht es anders aus. Da sind die Lager teilweise gerade mal halb voll.

Welche Folgen hat das für diese Wintersportorte?

In Pokljuka in Slowenien ist das Depot nur halb voll. Wenn es zu Beginn der Saison 2023/24 wieder trocken sein sollte, müssten sie dort internationale Wettbewerbe im Frühwinter wie den Junior Cup im Biathlon ausfallen lassen. Denn wenn kein Naturschnee fällt und es zu warm für Kunstschnee ist, wird es eng. Das halbe Depot genügt nicht für Stadion und die drei-Kilometer-Strecke.

Im polnischen Jakuszyce ist die Lage noch kritischer. Dort steht auf einer Höhe von 900 Metern ein neues Langlaufzentrum, das in der Saison 2022/23 den Betrieb aufgenommen hat. Allerdings nur für kurze Zeit. Denn dort steht nur eine Schneekanone, und es fiel kaum Naturschnee. Das Beispiel zeigt, dass in den zentralen, europäischen Mittelgebirgen Wintersport ohne Snowfarming und Beschneiung keine Zukunft hat.

Woran liegt es, dass die Depots so unterschiedlich stark gefüllt sind?

Es spielen immer zwei Faktoren rein, die Zahl der kalten Tage und der Eventkalender. Lenzerheide beispielsweise hatte bis Ende Januar Sportveranstaltungen. Das Snowfarming findet genau dort statt, wo die Strafrunden beim Biathlon gelaufen werden. Der Ort konnte daher erst im Februar damit anfangen, Schnee für die kommende Saison zu produzieren. Glücklicherweise war es dann an ein paar Tagen nochmal kalt genug für die Schneekanonen.

Können sich die Orte mit Snowfarming dem Trend zu immer wärmeren Wintern entgegenstemmen?

Je nach Lage kann es schwierig werden. Am Notschrei im Schwarzwald auf 1000 Metern gibt es nur wenige Frosttage im Jahr, 63 im Vergleich zu 116 in Lenzerheide. In der vergangenen Saison war daher dort bereits im Januar der gesamte Schnee aus dem Depot geschmolzen. Zum Glück wurde es dann nochmal so kalt, dass sie für den kommenden Winter Schnee produzieren konnten. In den kommenden 20 Jahren bietet Snowfarming aber vor allem nordischen Skigebieten viel Potenzial. Für vier bis fünf Kilometer Loipe benötigt man vergleichsweise wenig Schnee, so um die 15000 Kubikmeter. Anders sieht das beim Alpinski aus. Hier experimentieren vor allem einige skandinavische Gebiete mit Snowfarming. Aber das ist deutlich energieintensiver und damit teurer, denn schon bei kleinen Skipisten liegt der Bedarf bei 45000 Kubikmetern, also dem Dreifachen. Wir forschen daher daran, wie Wintersportorte künftig ihr Schneemanagement ressourcenschonend gestalten können.

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