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18.01.2018 | News
Ein Schneeprofil in der Antarktis zu graben, kann Schwerstarbeit sein. Und die langen Tage draussen in der Kälte zehren an Matthias Kräften. Stärkung gab es für ihn in der Stationsküche, wo er unter Anleitung des Chefkochs seine Backkünste erprobte. Ausserdem liess er sich einen neuen Haarschnitt verpassen, Typ «antarktische Standardfrisur».









Die stets langen Arbeitstage diese Woche draussen in der Kälte haben definitiv an meinen Ressourcen genagt. Am Anfang der Woche habe ich an der Meteostation, die sich 25 km südlich von der Station befindet mitgeholfen, die jährlichen Wartungsarbeiten durchzuführen und Bambuspfosten auszumessen. Das gehört grundsätzlich nicht zu meinem Projekt, ist aber eine willkommene Abwechslung. Bei den Bambuspfosten wird der aus dem Schnee ragende Teil vermessen, somit erfasst man die Zunahme der Schneedecke (Akkumulation) über das ganze Jahr. Das entspricht aber nicht zwingend der gefallen Schneemenge, weil durch Sublimation und Wind wieder Schnee verschwindet. Über die ältesten Pfosten, die noch knapp sichtbar sind, kann man vor allem noch stolpern. Jedes Jahr werden wieder neue eingebohrt, die dann knapp 2,5 m aus dem Schnee herausragen. Es ist eine äusserst simple Messmethode. Trotz miserabelster Sicht wegen Nebel haben wir den Punkt «25 km Süd» dank dem GPS fast punktgenau gefunden. Die Fahrt mit dem Pistenbully war eine rechte Schüttelaktion und wahrscheinlich ein Vorgeschmack auf die Schiffsüberfahrt von der Antarktis zurück nach Tasmanien, die mir bald bevorsteht.
Schaufeln bis zum Umfallen
Für mein Projekt stand dann diese Woche das zweimetrige Schneeprofil auf dem Programm. So wie wir die Mikrostruktur und die Isotopenverteilung am Anfang und am Ende der Saison kennen wollen, wollen wir auch einen Zwischenstand aufnehmen. Ein polares Schneeprofil von zwei Metern Tiefe zu graben, kann einige schaufeltechnische Überraschungen bieten. Im Profil gibt es alte windgepresste Schneedünen, für die das Adjektiv «pickelhart» nur der Vorname ist. Dieser Schicht begegnet man mit Vorteil bereits etwas aggressiv aufgeladen. Ich bin froh, dass meine Lawinenschaufel nicht gebrochen ist.
Das Profil habe ich am Vorabend vorbereitet, damit ich am nächsten Tag dann mit der nötigen Ruhe die Messungen durchführen konnte. Um das Profil komplett aufnehmen zu können, waren zwei Tage nötig. Am ersten Tag hat es zwar noch recht stark gewindet, doch im Loch ist man bis auf den hereinfallenden Schnee recht gut geschützt und man kann es sich recht gemütlich einrichten. Andrea, einer der Schneechemie-Spezialisten, der sein Projekt abgeschlossen hatte und auf den Rückflug wartete, war mein Schreiberling. Das erspart enorm Zeit, wenn eine Person die Schneeproben entnimmt und eine zweite die Werte notieren kann.
Gute Unterhaltung durch den Stationsfunk
Am zweiten Tag war ich dann alleine im Profil und habe die Proben für den Computertomografen am SLF vorbereitet. Das Wetter war perfekt: windstill, blauer Himmel und angenehm warm. Darüber war ich sehr froh. Schlottert man nämlich wie ein Schlosshund, so hat man einfach weniger Geduld und Musse, das Beste aus sich herauszuholen und die Proben so gut wie möglich zu präparieren. Zudem hatte ich über Funk – «Radio Concordia LIVE» - recht gute Unterhaltung. Zweimal hintereinander ist die Stromversorgung der Station komplett ausgefallen und man konnte die Spannung so richtig mitfühlen.
Arbeitseinsatz in der Nacht
Am Abend des zweiten Tages habe ich festgestellt, dass sich Oberflächenreif bildet. Das ist ein kleines Zusatzprojekt, bei dem ich die Änderung der spezifischen Oberfläche (SSA) der Schneeoberfläche bei Reifbildung mitverfolgen sollte. Dies bedeutet aber, während mindestens einem Tag alle drei Stunden die SSA der Oberfläche zu messen. Mit Umziehen, einer Anmarschzeit von 15 Minuten und dem Einrichten der Messinstrumente hätte ich mich mit einem Schlafrhythmus von je zwei Stunden abfinden müssen. Aber eigentlich war ich hundemüde nach diesen Feldtagen. Es war mir aber auch klar, dass die Bedingungen nur selten so sind, dass sich Oberflächenreif bildet. Zudem ist mir voll und ganz bewusst, dass ein Aufenthalt in der Antarktis mit grossen Kosten verbunden ist, und so habe ich mich durchgerungen, das Projekt in Angriff zu nehmen.
Für die erste Messung hat mich mein lieber Wecker um Mitternacht geweckt. Draussen war es natürlich noch schön hell - doch als ich die Stationstüre öffnete, ist mir ein solch stürmischer Wind um die Ohren gepfiffen, dass ich bereits ahnte, was passiert war. Dem guten Gewissen zuliebe bin ich dann doch noch zu meinem Testfeld getrottet, aber der Oberflächenreif war natürlich mehr als gründlich vom Wind weggefegt. Dem Bett stand daher nichts mehr im Wege.
Fasnachtsküchlein und Limoncello
Am Sonntagmorgen hatte ich Abwaschdienst. Danach hatte ich spontan Lust, mich in der Küche zu betätigen. Es waren auch noch ein paar italienische Freiwillige in der Küche, und unter der Anleitung des Chefkochs haben wir eifrig Teig für Fasnachtsküchlein geknetet, dann alles schön dünn ausgewallt und am Schluss frittiert. Es war sehr lustig. Als Dank wurde eine Runde Limoncello ausgegeben, und ich habe gelernt, dass in einem solchen Fall «Nein Danke» sagen unmöglich ist.