WaWaRu - Waldstruktur, Wasserhaushalt und flachgründige Rutschungen

Die Quantifizierung der Waldwirkung auf die Boden- und Hangstabilität stellt die Wissenschaft und letztlich die Praxis vor eine grosse Herausforderung. Das Projekt WaWaRu ist ein wichtiger Puzzlestein zum Prozessverständnis unterschiedlicher Waldstrukturen und trägt dazu bei, dieser Herausforderung zu begegnen. Dazu werden in Feldexperimenten unterschiedliche Waldstrukturen im Hinblick auf den Bodenwasserhaushalt - dem Hauptauslösefaktor für flachgründige Rutschungen - untersucht. Ein multi-methodischer Ansatz in Gebieten mit hohem Risiko zur Auslösung flachgründiger Rutschungen in der Landschaft Davos bildet dazu die Grundlage. Um dem Ziel, das Waldmanagement praxisorientiert zu unterstützen, näher zu kommen, arbeiten wir eng mit der Rhätischen Bahn, dem Amt für Wald und Naturgefahren Graubünden sowie dem Forstdienst Davos zusammen.

Rutschungen gehören neben Lawinen, Steinschlag und Murgängen zu den wichtigsten alpinen Massenbewegungen. Knapp die Hälfte des Schweizer Waldes schützt als sogenannter Schutzwald die Bevölkerung gegen alpine Massenbewegung und reduziert damit das Risiko für Mensch und Infrastruktur. Etwas mehr als ein Viertel des Schutzwaldes entfallen dem Schutz vor flachgründigen Rutschungen. Der Einfluss der Vegetation und vor allem der des Waldes auf die Boden- und Hangstabilität ist ein wichtiger Bestandteil einer integralen Strategie zum Schutz vor Naturgefahren. Schutzwald ist oft ökologischer, ökonomischer und nachhaltiger als technische Verbauungen. Um aber die Schutzfunktion aufrecht zu erhalten, bedarf es einem nachhaltigen, langfristigen Waldmanagement (Schutzwaldpflege).

Um das Waldmanagement zu unterstützen, müssen Forschungserkenntnisse mit möglichst einfach zu erhebenden, aber dennoch praxisrelevanten Variablen umgesetzt werden. Auf der einen Seite besteht hier im Moment für die Praxis ein oft extrem geringer Handlungsspielraum zwischen der Wirtschaftlichkeit und der nachhaltigen Erhaltung der Schutzfunktion des Waldes. Für die Forschung ist auf der anderen Seite die adäquate, flächendeckende Quantifizierung der Pflanzwirkung allerdings nach wie vor eine grosse Herausforderung.

Im Rahmen des Projektes SOSTANAH (NFP 68) wurde deutlich, dass der Waldstruktur dabei eine wichtige Rolle zu kommt: Eine ober- und unterirdische Vielfalt sowie das Nebeneinander unterschiedlicher Sukzessions- und Entwicklungsstufen erhöhen die Widerstandskraft und Anpassungsfähigkeit des Bestandes. So wirken mehrschichtige Waldbestände mit einer diversen Baumartenmischung und Altersstruktur, einem ausreichenden Kronendeckungsgrad und geringen Lückenlängen in der Hangfalllinie deutlich effizienter gegenüber flachgründigen Rutschungen als einschichtig, gleichaltrige aus einer Baumart bestehenden Waldbestände.

Das Projekt WaWaRu trägt dazu bei, unterschiedliche Waldstrukturen im Hinblick auf den Bodenwasserhaushalt – dem Hauptauslösefaktor für flachgründige Rutschungen - besser zu verstehen und stellt damit das Zusammenspiel von Waldstruktur, Bodenhydrologie und Evapotranspiration in den Fokus.

In potentiellen «Rutschungs-Hotspots» der Landschaft Davos werden in relativ «gut» und «schlecht» strukturierten Waldbeständen sowie in später geplanten Verjüngungsschlägen der volumetrische Wassergehalt, die Temperatur, das Matrixpotential sowie die elektrische Leitfähigkeit in unterschiedlichen Bodentiefen mehrmals täglich gemessen und aufgezeichnet. Mit elektrischer Widerstandstomographie (ERT) wird zusätzlich entlang eines zweidimensionalen Schnitts in den Untergrund die relative Veränderung der Feuchtigkeit im Boden nach Niederschlagsereignissen erfasst. Um die Evapotranspiration abschätzen zu können, werden zeitgleich zu den ERT Aufnahmen thermische Daten luftgestützt via Drohne erhoben. Zusätzlich wird der Boden anhand von einzelnen Profilen geotechnisch und bodenkundlich charakterisiert. Ebenso wird der Wald und das Gelände nach herkömmlichen Standards, wie dem Waldbestandescode, charakterisiert und klassifiziert. Eine Klimastation zeichnet Lufttemperatur, Luftfeuchte, Niederschlag, Strahlung sowie Windgeschwindigkeit und -richtung auf.

Das Projekt WaWaRu ist zusammen mit den Projekten SlimForest (Flachgründige Rutschungen: Einfluss der Waldstruktur auf die Hangstabilität) und WHFF (Schützen gut strukturierte und gepflegte Wälder besser? Interaktive Karten zur Wirkung gegen flachgründige Rutschungen.) ein wichtiger Puzzlestein zum Verständnis unterschiedlicher Waldstrukturen und trägt letztlich zur besseren Quantitfizierung der Waldwirkung auf Boden- und Hangstabilität bei.

WaWaRu trägt nicht nur zum wissenschaftlichen (Prozess-)Verständnis bei,  sondern hat letztlich das Ziel das Waldmanagement praxisorientiert zu unterstützen. Um diesen anwendungsorientierten Fokus und die Umsetzung der erforschten Erkenntnisse zu gewährleisten, arbeiten wir eng mit unseren Projektpartnern der Rhätischen Bahn, dem Amt für Wald und Naturgefahren Graubünden sowie dem Forstdienst Davos zusammen.