Antarktis

Forschen im ewigen Eis

Zwei Monate verbringt der SLF-Mitarbeiter Matthias Jaggi auf der antarktischen Forschungsstation Concordia (Dome C). Dort führt er Experimente zur Schnee-Metamorphose durch. Von seiner Arbeit und seinen Erlebnissen berichtet er regelmässig an dieser Stelle in einem Blog.

Zur Person

Matthias Jaggi ist technischer Mitarbeiter in der Gruppe Schnee und Permafrost am SLF. Als verantwortlicher Ingenieur des institutseigenen Kältelabors ist er es gewohnt, bei eisigen Temperaturen zu arbeiten. In die Antarktis reist er jedoch zum ersten Mal. Er ist gespannt, was ihn dort erwartet und wie das Leben auf der Station aussieht.

Im Labor hat er sich - gut eingepackt gegen die Kälte - auf die Expedition vorbereitet. Dabei musste er "nur" - 40°C aushalten. Hingegen kann es in der Antarktis noch deutlich kälter werden.

Hintergrund der Expedition

In den zentralen Gebieten der Antarktis fällt nur wenig Niederschlag, bei einer durchschnittlichen Lufttemperatur von -54°C. Der Schnee schmilzt dort also nie. Stattdessen kommen jährlich neue dünne Schichten hinzu, die sich unter dem Druck weiterer Schneeschichten langsam in Eis verwandeln. Dadurch ist im Laufe der Jahrtausende der dicke Eisschild entstanden, welcher die Antarktis bedeckt.

Dieser stellt ein wichtiges Klimaarchiv der Erde dar: Die Analyse von Eisbohrkernen erlaubt Rückschlüsse auf die Atmosphärenbedingungen früherer Zeiten – bis zu mehrere Hunderttausend Jahre in die Vergangenheit. Beispielsweise kann man das Verhältnis der stabilen Sauerstoff-Isotope 18O und 16O  in den Wassermolekülen des Eises messen. Je grösser dieses Verhältnis ist, desto wärmer war das Klima zu jener Zeit, als sich das Eis bildete.

Bei solchen Rückschlüssen auf die Temperatur kennt man bisher jedoch einen Faktor zu wenig genau: die sogenannte Schnee-Metamorphose. Denn bevor der gefallene Schnee zu Eis wird, finden darin bestimmte Umwandlungsprozesse statt. Diese können den Austausch von Wassermolekülen mit der Atmosphäre beeinflussen, was wiederum das Isotopenverhältnis 18O zu 16O verändert. Das wirkt sich auf die Messergebnisse aus, die man später bei der Analyse von Eisbohrkernen gewinnt. Dies ist einer der Gründe, warum Forschende des SLF die Metamorphose-Prozesse in polaren Schneedecken unter extremen Temperaturbedingungen genauer untersuchen.

Die Experimente

Matthias Jaggi führt auf Dome C Experimente durch, welche die natürliche Entwicklung in einer polaren Schneedecke nachbilden sollen. Dazu schneidet er Schneeblöcke aus einer unberührten Zone im Freien aus und verpackt sie luftdicht in speziell entwickelte Metamorphose-Boxen. Darin sind die Blöcke während zwei Monaten einem Temperaturgradienten ausgesetzt, wie er auch im natürlichen Schneeprofil herrscht (ca. zwischen -45°C an der Unterseite und -30°C an der Oberseite). Die Boxen werden während dieser Zeit in einer -50°C kalten Eishöhle der Station gelagert. Parallel dazu misst Jaggi die Entwicklung in der natürlichen Schneedecke im Feld. Die Schneeproben werden anschliessend mit dem Schiff zurück nach Europa transportiert und dort analysiert. In den Kältelaboren in Davos werden SLF-Forschende mittels Computertomographie die Schneestruktur untersuchen. Parallel dazu analysieren französische Forschende in Paris die Sauerstoff-Isotope 18O und 16O.

 

Die Expedition ist Teil des Projekts «Snow properties evolution in a changing climate in Antarctica», das in Zusammenarbeit mit dem Institut des Géosciences de l'Environnement in Grenoble und dem französischen Polarinstitut IPEV durchgeführt wird.

Die Forschungsstation

Die italienisch-französische Station Dome Concordia (kurz: Dome C) wird durch das Institut Polar Français Paul Emile Victor betrieben. Sie liegt auf rund 3200 Metern über Meer mit den Koordinaten 75°06’S und 123°21’E, fast 1000 Kilometer von der Küste entfernt im Innern des antarktischen Kontinents.

Archiv