Expedition Princess Elisabeth
Das Schneewissen und die hochstehenden Analysemethoden des SLF sind auch bei der Erforschung der Polargebiete gefragt. Schon seit rund 10 Jahren werden Wissenschaftler des SLF regelmässig auf internationale Forschungsexpeditionen eingeladen, insbesondere um Daten zur Schneemikrostruktur zu sammeln. Im antarktischen Sommer 2016/17 fand zum ersten Mal eine eigenständige Expedition des SLF in die Ostantarktis statt, zusammen mit dem CRYOS-Lab an der EPFL.

Die polaren Schnee- und Eismassen verändern sich im Zuge des Klimawandels dramatisch. Die meisten Gletscher und Eisschilde schmelzen ab und tragen dazu bei, dass sich der Meeresspiegel erhöht. In der Ostantarktis hingegen baut sich möglicherweise zusätzliches Eis auf, weil die Niederschläge dort zunehmen könnten und die Temperaturen noch kalt genug sind. Um das mit Messungen zu bestätigen, ist es nötig, die Oberflächenmassenbilanz zu verfolgen. Ab Mitte Dezember 2016 verbrachten zwei Wissenschaftler deshalb rund zwei Monate auf der belgischen Forschungsstation Princess Elisabeth. Sie bauten zwei Messstationen auf, die nebst Wetter-Daten die Verfrachtung von Schnee erfassen. Die neuartigen, durch Wind- und Solarenergie gespeisten Stationen werden das ganze Jahr über stehenbleiben. Sie messen damit erstmals, wie sich die Schneeverfrachtung auch im antarktischen Winter abspielt. Mittels Laserscanner und dronenbasierter Photogrammetrie untersuchten die Wissenschaftler während ihres Aufenthalts auf der Princess Elisabeth ausserdem die Schneedecke vor und nach den Schneefallperioden und bestimmten mit dem Schnee-Mikropenetrometer (SMP) die Eigenschaften der abgelagerten Schneeschichten.
Details zum Projekt
Projektdauer
2016 - 2020
Projektleitung
Massenbilanz für die Ostantarktis hochrechnen

Die Forscher hatten Wetterglück: Sozusagen als Weihnachtsgeschenk fiel rund 10 cm Schnee, gefolgt von starken Winden. Die Wissenschaftler konnten zeigen, dass sich der Schnee komplett und innerhalb von wenigen Tagen zu sogenannten Barchan-Dünen umformt – eine sehr verbreitete, sich quer zur Windströmung bildende Düne in Form einer Sichel. Das ist eine neue Erkenntnis, weil Barchan-Dünen bisher als eine Ausnahmeerscheinung von polarer Schneeablagerung angeschaut wurden. Die Dünen sind von Auge nicht als solche erkennbar, kommen aber durch die wiederholte Vermessung der Schneeoberfläche klar heraus.
Die Forscher werden nach dem antarktischen Winter wieder nach Princess Elisabeth zurückkehren, einerseits um ihre Oberflächenmessungen zu wiederholen, andererseits um die Daten der automatischen Messstationen auszulesen. Wenn sie diese – zurück im warmen Büro – ausgewertet haben, können sie abschätzen, wie viel Schnee sich innerhalb eines Jahres abgelagert und wie stark die Schneeverfrachtung den Effekt der Schneefälle reduziert hat. Die Schneeverfrachtung reduziert sich nicht nur durch Wegblasen, sondern v. a. auch, weil die Schneeteilchen Masse an die Atmosphäre zurückgeben, während sie in der Luft sind. Dieser Sublimationsprozess konnte bisher nur durch stark vereinfachte Modelle wiedergegeben werden. Mithilfe der SLF-Messungen sollte sich in Zukunft der Sublimationsanteil besser eingrenzen lassen. Ausserdem werden die Forscher versuchen, die noch recht lokalen Daten auf die Gesamtmassenbilanz in der Ostantarktis hochzurechnen. Damit lässt sich letztendlich besser einordnen, welche Rolle die Verfrachtung von Schnee bei den klimatisch bedingten Veränderungen in der Antarktis spielt.