Entwicklung einer effizienten forstlichen Betriebsinventur
Warum braucht es eine forstliche Betriebsinventur?
Die grösser werdenden Forstbetriebe, die steigenden Ansprüche an die Versorgung mit erneuerbaren Ressourcen, aber auch die zunehmenden gesellschaftlichen Ansprüche an den Wald als Oekosystem, Erholungsraum und Schutzwald stellen hohe Anforderungen an die forstliche Planung und das Controlling. Voraussetzung für deren Qualität und Zweckmässigkeit ist eine genügend genaue Erfassung und Bewertung der vorhandenen Ressourcen dort, wo die Bewirtschaftung tatsächlich stattfindet, nämlich auf der Bestandes- resp. Behandlungseinheitsebene.
Heute stehen für die Erfassung von Bestandesdaten, nebst den bisherigen Verfahren der Vollkluppierung und der Stichprobenerhebungen, zusätzliche Möglichkeiten zur Verfügung. Nebst immer besseren Luftbildern und Orthophotoplänen sind dies Satellitenbilder und luftgestützte Laserscans von Oberflächen, die zusätzliche Informationen liefern. Gleichzeitig sind die Verfahren, räumliche Daten mit geographischen Informationssystemen (GIS) darzustellen, ausgebaut worden, was die Möglichkeiten insbesondere für die Visualisierung von Planungen, aber auch das Controlling revolutioniert hat.
Der Kostendruck in der schweizerischen Forstwirtschaft bewirkte, dass die herkömmlichen Verfahren der Datenbeschaffung vielerorts mehr oder weniger ersatzlos aufgegeben wurden. Insbesondere die steigende Bedeutung erneuerbarer Ressourcen hat nun aber dazu geführt, dass solchen Daten wieder wichtiger werden. Es liegt deshalb nahe, mit den bisherigen Inventurverfahren und den neuen zur Verfügung stehenden technischen Mitteln eine neue effiziente Methode zur Datenbeschaffung im Forstbetrieb zu entwickeln, als Grundlage für die Planung und das Controlling im Forstbetrieb. Um diesen Zweck zu erreichen, müssen die Daten bestandesweise und in einer sinnvollen Genauigkeit vorliegen, und sie müssen den Betriebsleitern in einer Form zur Verfügung gestellt werden, in der sie auch angewendet werden können. Das Projekt „Entwicklung einer effizienten forstlichen Betriebsinventur“ soll die methodischen Grundlagen für die Entwicklung einer praxisgerechten Lösung der betrieblichen Inventur erarbeiten. Angestrebt wird dabei ein modularer Aufbau des Inventursystems, um den heterogenen Ansprüchen der Praxis gerecht zu werden. Die erarbeitete Lösung soll an Fallbeispielen erprobt werden.
Details zum Projekt
Projektdauer
2013 - 2017
Projektleitung
+41 44 739 22 41
Ziel, Teilziele und Forschungsfragen
Ziel des Projektes ist die Entwicklung einer effizienten und zweckmässigen forstlichen Betriebsinventur. Die wichtigsten allgemeinen Anforderungen an die Inventur bestehen in der Möglichkeit, (i) den heterogenen Bedingungen der Schweizer Forstbetriebe Rechnung zu tragen, (ii) die Informationen auch auf der Ebene der einzelnen Waldbestände zu generieren, sowie (iii) in der Finanzierbarkeit der Inventur. Es soll ein Gesamtkonzept für eine Inventur mit Schnittstellen zu der darauf aufbauenden betrieblichen Planung entworfen und als Prototyp im Rahmen von Fallstudien umgesetzt werden.
Teilziel A: Definition und Festlegung der notwendigen und relevanten Entscheidungen und Merkmale
Forschungsfrage: Können neben den bisher standardmässig erhobenen Daten weitere, für die Planung wünschbare Grössen mit ausreichender Genauigkeit erfasst oder abgeleitet werden?
Teilziel B: Sammlung bereits vorhandener Tools, Systeme und Formate
Forschungsfragen: Wie können die vorhandenen Programme für die Auswertung der KSP auf die heute verfügbaren Rechner angepasst werden und welche zusätzlichen Module werden benötigt? Welche Auswerteprogramme müssen zur Verfügung gestellt werden?
Teilziel C: Entwicklung von effizienten kombinierten Verfahren aus terrestrischer Inventur, Fernerkundung und weiteren Informationen
Forschungsfragen: Kann mit einer Kombination von terrestrischen Inventurdaten und Zusatzinformationen eine Reduktion des Aufwandes, wie er für KSP erbracht werden muss, erreicht werden, ohne an Schätzgenauigkeit der Inventur zu verlieren? Welche kantonalen und nationalen Daten aus welchen Zeitständen können für eine Inventuroptimierung verwendet werden?
Teilziel D: Definition der generischen Datenaufbereitung und Datenbereitstellung, Anwendung an Fallbeispielen
Forschungsfragen: Wie müssen die Daten der kombinierten Inventur und unter Einbezug der bestehenden Kontrollstichprobendaten für eine effiziente Betriebsführung und insbesondere die Betriebsplanung aufgearbeitet werden? Welche Auswerteprogramme müssen zur Verfügung gestellt werden? Wie können die vorhandenen Programme für die Auswertung der KSP auf die heute verfügbaren Rechner angepasst werden und welche zusätzlichen Module werden benötigt?
Teilziel E: Entwurf eines modularen Gesamtkonzeptes
Forschungsfragen: Wie sieht die zukünftige KSP aus? Welche Daten sind in welchem Turnus zu erheben und wie hoch sind die Kosten? Wie können die unterschiedlichen Bedürfnisse in einem modularen Gesamtkonzept berücksichtigt werden? Welches ist das geeignetste Gesamtkonzept für eine Inventur unter Einbezug aller verfügbaren Daten und Datenquellen, welches als modulares System zur den Anwendern Verfügung gestellt werden kann?
Produkte
Das Ergebnis besteht in der Gesamtkonzeption, die als Prototyp für zwei Fallbeispiele angewendet werden soll. Die Datenerhebung, d.h. Kontrollstichproben, Fernerkundungsdaten und weitere Informationen wie z.B. Inventurdatenarchive, LFI-Daten, Nutzungsstatistiken, ist hinsichtlich Anzahl und Lokalisation der Kontrollstichproben analysiert und zu einem sinnvollen Ganzen zusammengefügt.
Die Schnittstellen zu den wichtigen, vorhandenen Planungstools sind aufgezeigt. Das neue forstliche Betriebsinventur-System ist umfassend bewertet und der Handlungsbedarf für die anschliessende Umsetzung ist bestimmt.
Daneben werden aus dem Projekt konkrete Softwareprodukte hervorgehen:
- Eine Methode, die es erlaubt, mit Hilfe von flächendeckend vorhandenen und aktuellen Fernerkundungsdaten die Anzahl der Stichprobenpunkte einer Kontrollstichprobe bei gleichbleibendem Schätzfehler zu reduzieren, ohne dadurch wertvolle Informationen zu verlieren, ist entwickelt und als Software-Prototyp implementiert. Die Stichproben sind dabei nicht mehr systematisch über die ganze Fläche verteilt sondern können vorstratifiziert werden.
- Ein Software-Prototyp, der es erlaubt flächendeckend vorhandene Fernerkundungs-Daten (z.B. LiDAR, Oberflächenmodelle, Luftbilder) kombiniert mit Kontrollstichproben automatisch im Hinblick auf definierte Zielgrössen (z.B. Vorrat, Basalfläche, …) auszuwerten, ist entwickelt und implementiert.
- Die teilweise vorhandene Software zur Auswertung der Kontrollstichproben ist an die heutigen Verhältnisse angepasst oder neu entwickelt.
Erwarteter Nutzen
Wird das Ziel erreicht, bessere Informationen über Bestände und Behandlungseinheiten kostengünstiger zu erhalten, werden Planung und Kontrolle im Forstbetrieb über bessere Grundlagen verfügen, um waldbauliche Entscheide zu fällen und Produktionsprozesse effizient und bezüglich Ertrag- und Wirkung optimiert zu steuern. Es werden Voraussetzungen geschaffen, um in den Forstbetrieben (besser) nachhaltig handeln zu können. Anwender können alle sein, die sich mit Waldentwicklung und Planung im Forstbetrieb befassen. Die Palette der potentiellen Anwender ist breit gefächert, in erster Linie Forstbetriebe, private Ingenieurbüros und kantonale Waldfachstellen. Aber auch die WSL könnte Anwender sein, z.B. das LFI.
Die angestrebte Betriebsinventur ist eine unabdingbare Voraussetzung für die Verbesserung strategischer und operativer Entscheidungen auf der betrieblichen Ebene. Hier bildet eine den qualitativen Ansprüchen genügende Inventur die informatorische Basis für nahezu sämtliche betriebliche Planungs- und Steuerungsprozesse: für die differenzierte Analyse und Kontrolle der Nachhaltigkeit, für die Bewertung waldbaulicher Entscheide, für die Schätzung der Holzerträge, für die Kalkulation der Kosten, für die Beurteilung der Holzverfügbarkeit, für die Abwicklung der Holzlogistik etc.. Die möglichen Verbesserungen der Entscheide kommen der ganzen Branche zu Gute und tragen so zur Erreichung der forstpolitischen Ziele – leistungsstarke und nachhaltige Forstbetriebe – bei (Waldpolitik 20201 des Bundes). Das Projekt liefert die Voraussetzung für die Entwicklung einer praxisgerechten Lösung. 1 Bundesamt für Umwelt BAFU (hrsg.), 2013: Waldpolitik 2020. Visionen, Ziele, und Massnahmen für eine nachhaltige Bewirtschaftung des Schweizer Waldes. Bundesamt für Umwelt, Bern: 66 S.<br/>